Sonntag, 28. April 2013

das hat aber auch gedauert diesmal... viel spass

Blick nach vorn

Samstag Morgen, sechs Uhr dreiunddreißig, Annika wird von den vorbei gehenden Passanten geweckt. „Shit!“ denkt Sie sich, so ist Sie auch noch nicht geweckt worden. Sie hebt den Arm von Jens an die Seite und dreht sich vorsichtig aus dem Schlafsack. Sie fühlt sich als sein ein Vierzigtonner über sie drüber gefahren. Sie hatte auch noch nie in Ihrem Leben so viel Alkohol auf einmal getrunken. Vodka und Jägermeister und irgendwo dazwischen ein paar Bierchen. Und dann ist da noch der Geschmack im Mund als hätte man einen ganzen Aschenbecher verschluckt oder am Abend zuvor darauf gakaut, widerlich. Annika stolpert über das Leergut, dann findet Sie eine volle Flasche Mineralwasser und nimmt einen kräftigen Schluck, Nachdurst. Das hatte sie bisher auch noch nie in Ihrem Leben, Nachdurst. Sie wirft Ihr, völlig strubbelige, Schulterlanges Haar nach hinten und macht sich auf dem Weg nach Hause. Sandra ist sicherlich schon sehr sauer und läuft in der Wohnung auf und ab denkt Sie sich und geht mit gesunkenen Hauptes nach Hause. Sie ist nicht sonderlich schnell gelaufen, es zieht sie auch nichts an dem eigentlich fremden Ort wo Sie wohnt. Sie schlendert über den Asphalt, schießt hier und da einen Stein. Der Kopf dröhnte Annika und Sandra wurde noch eine kleine Spur lauter „ Du stinkst ja wie eine Kneipe. Wo hast Du überhaupt geschlafen?“ Annika brachte nur ein: „ Am Bahnhof. Lass mich in Ruhe. Ich erkläre es Dir später. Ich geh pennen.“ heraus und war auf leisen Sohlen in Sandra´s Bett gestiefelt, einfach nur schlafen. Achtzehn Uhr elf, nach einem großen Poltern im Schlafzimmer war Sandra klar, Annika ist wach. An den Geräuschen konnte Sandra erkennen das Sie erst vor dem kleinen Tisch und danach vor dem Schrank gelaufen sein muss, Gelächter aus dem Schlafzimmer. 
Nach einer Dusche und einer guten Stunde im Bad ist Annika endlich Tageslicht tauglich, sie setzt sich zu Ihrer Tante auf die Couch um Rede und Antwort zu stehen. Und Sandra lässt auch nicht lange auf sich warten: „ So Fräulein. Jetzt möchte ich von Dir ganz genau wissen was die letzte Nacht passiert ist, und wo Du genau warst!“ Und Annika sank die Stimme und fing an: „ Ich habe Dir doch gesagt das ich zu Jens gehen werde. Das habe ich dann auch getan, wir haben uns am Bahnhof noch mit den anderen Jungs etwas unterhalten. Die haben was getrunken …“ Sandra ahnt nichts gutes und hakt nach „ Wie am Bahnhof? Welche Jungs? Alkohol? Hast Du auch was getrunken?“ und Sie spitzte Ihre Lippen als wolle Sie damit Ihre Autorität unterstreichen „ Sag mir bloß nicht das Du mit den sechzehn Jahren schon Alkohol trinkst!!“ Annika sammelt sich und erzählt Ihre Geschichte. Sie erzählt Ihrer Tante von Jens und den anderen. Das Sie bei Wind und Wetter immer draußen schlafen müssen. Sie auch dir vergangene Nacht in der Nähe des Bahnhofs geschlafen haben. Auf alten, viel zu alten und stinkigen Schlafsäcken haben sie dort gelegen aber mit dem viel zu hohem Alkoholkonsum konnte man es schon ertragen erklärte Sie weiter. „ Ans schlafen gehen kann ich mich nicht direkt erinnern.“ sagte Sie dann mit voller Lunge „ Aber die Art wie ich geweckt wurde war unerträglich. Die Art wie die Menschen mich angesehen haben. Es hat nur gefehlt das Sie irgendeinen Müll auf uns geschmissen haben. Du machst Dir einfach keinen Kopf wie Sie uns angesehen haben!“ Annika wirkte aufgelöst, Ihre Augen wurden auf ein mal sichtbar nass und auch Ihre Stimme wurde dünn. Dann hatte Sie Ihrer Tante noch etwas von den anderen erzähl, warum die eigentlich dort sind. Am meisten hatte Sie auch die Geschichte von Stulle und Haken fasziniert, wie viel die beiden ertragen mussten. Annika unterhielt sich noch eine Ewigkeit mit Ihrer Tante, die sichtlich erschrocken war das Ihre Nichte nicht nur am Bahnhof mit irgendwelchen Pennern eine Nacht verbracht hat, nein Sie hat sich auch noch den Kopf mit Alkohol abgeschossen.
Spät am Abend beschloss Annika sich auf dem Weg zu Jens zu machen. Sie musste aber erst Sandra versprechen das Sie an diesem Abend auch wieder Heim kommen würde. Sie schlendert mit einem breitem lächeln an der Innenstadt vorbei, und geht zielstrebig weiter über den großen Platz in Richtung Haupteingang, dort wo sie auch gestern schon geschlafen haben. Doch es war niemand dort. Nicht am Eingang und auch nicht in den bekannten Ecken. Seltsam, denn eigentlich war ja einer immer dort. Im Gedanken macht Sie sich auf den weg zur alten Ruine, denn Jens hatte Ihr schließlich erzählt das er in bestimmten Momenten gerne dort ist. Zwei und dreißig Minuten später ist Sie an der Kirche angekommen, doch von unten konnte sie schon sehen das niemand da war, kein Licht und nicht ein einziges Geräusch ist zu sehen bzw. zu hören. Trotzdem stapft Sie langsam nach oben. Die alte Holztreppe quietscht als würde man jemanden Foltern, so einen langen Ton hatte Sie noch nie gehört. Stufe für Stufe. Es wurde auch Stufe für Stufe dunkler, immer dunkler. Auf dem Podest angekommen hört Annika ein rascheln in der Ecke „ Jens? Bist Du es?“ Doch Sie bekommt keine Antwort. Weitere drei Schritte nach vorn und Sie steht in der totalen Finsternis, völlig Lautlos. Sie kann Ihren eigenen Herzschlag hören und sogar spüren. Sie kann an Ihrem Hals Ihren Puls spüren. Der nächste Schritt nach vorne und es gibt einen lauten Knall. Kurz darauf hörte es sich an als wäre Sie in einem Schwarm Hornissen oder so gelandet. Die Geräusche wurden immer lauter und aus dem Summen wurden ein Flattern. Das Flattern zog an Ihre Ohren vorbei und Sie fällt nach hinten, landet mit dem Handgelenk halb schräg und ein Ruck geht durch Ihren ganzen Körper. Sie versucht sich mit diesem Arm auf zu stützen, was Ihr nicht gelingen will, solche Schmerzen hatte Sie noch nie. Der Arm war gebrochen. Beiläufig bemerkte Sie das das Flattern die Fledermäuse gewesen sind, die nun raus in die Nacht sind. Sie kramt mit Ihrer linken Hand in der Tasche, nimmt ihr Handy und ruft einen Krankenwagen.
Kurz nach Mitternacht ist der rechte Arm in Gips und auch Sandra wartet darauf das Annika endlich aus der Unfallchirurgie kommt. Die Nerven sind komplett runter, genervt packt Sie Ihre Nichte und geht. Sie ist nicht gerade zimperlich mit Annika und so sauer das Sie nicht einen Satz bis zum Auto über Ihre Lippen ließ. Auch Annika war es diesmal so richtig egal, denn im Gedanken machte Sie sich immer noch Sorgen. Sie würde so gern wissen wo die Anderen sind. „ Können wir bitte noch mal zum Bahnhof fahren? Ich würde gern wissen ob Jens endlich da ist!“ sagte Sie schließlich mit ganz dünner Stimme. Sandra guckt sie mit funkelnden Augen an, Ihre Brauen zusammen gezogen und die Lippen leicht gespitzt. Sie sagt „ Du tickst ja wohl nicht richtig. Erst kommst Du nicht nach Hause und ich werde verrückt vor Sorge. Dann bekomme ich Bescheid das Du im Krankenhaus seist und Dein Arm wäre gebrochen. Jetzt verlangst Du noch allen ernstes das ich Taxi spiele für die Junge Dame?“ und wird immer lauter „ Verdammt Mädchen. Ich habe die Verantwortung für Dich übernommen und das nur damit es Dir besser geht. Ich habe Dich mit zu mir genommen und mich mit meiner Schwester angelegt, damit Du deinen Raum zum nachdenken hast.“ Jetzt schreit Sie schon fast „Und Du hast nicht besseres zu tun als deinen Arsch immer weiter in den Dreck zu schieben. Was hast Du mit solchen Junkies zu tun? Die sind der Abschaum der Stadt, sie lungern seit Jahren am Bahnhof herum und Betteln sich durch. Hin und wieder Lutschen sie den ein oder anderen einen auf der Toilette für was weiß ich ein Zehner oder so!“ Sandra fährt rechts ran und schreit „ So ein verkommendes Pack. Schau Sie Dir doch an. Jeden Tag sind Sie drauf, saufen und spritzen und kiffen vor sich hin. Willst Du auch dort landen? Das kann doch nicht Dein Ernst sein. So landest Du als Nutte am Straßenstrich und lässt irgendwelche alten Säcke für ein paar Euros über dich rüber rutschen.“ Die Autotür geht auf und Annika ist weg.
Nach einer gefühlten halben Stunde hört Sie auf zu rennen. Nach dem Sie ein paar mal abgebogen war hat Sandra wohl die Spur verloren. Die Worte Ihrer Tante waren sehr hart und unfair fand Sie. Wie kann Sandra so über Ihren Liebsten sprechen. Sie kennt die doch gar nicht. Sie weiß vor allem nicht was für Geschichten dahinter stehen.
Ihre Füße tragen Sie gedankenlos durch die Stadt, über Kopfsteinpflaster und Teer. Die Geschäfte ziehen an Ihr vorbei ohne das Sie auch nur eines wirklich gesehen hatte. Die ersten Tropfen prasselten auf Ihren Kopf und liefen über das Gesicht hinunter wo sie dann vom Kinn an den Absprung schafften, Annika wurde langsam kalt. Sie sitzt in einer Ecke an einem Leerstehenden Ladenlokal und schützt sich vor dem kalten Regen, in Embryonalstellung sammelt Sie langsam wieder Ihre Gedanken und versucht die Dinge klar zu sehen. So wie es jetzt ist will Sie nicht weiter machen, schwört Sie sich. Sie schaut nach vorn.

Ein Schritt vor

Zwei Uhr vierundzwanzig, Annika schlich sich ins Wohnzimmer Ihrer Tante um sich etwas auf´s Ohr zu legen. Doch nachdem sie mit dem kleinen Zeh an dem Tischbein gestoßen war und vor Schmerz humpeln durch das Zimmer schoss war Sandra wach. Sie hat sofort gesehen das Ihre Nichte völlig unterkühlt war und entschloss sich kein Ton zu sagen. Wortlos ging Sie ins Bad und ließ Annika eine schön Heiße Wanne ein. Dazu stellte Sie Ihr eine große Tasse Beruhigungstee dazu und sagte anschließend „ Ich würde mich freuen wenn wir morgen früh in Ruhe sprechen könnten!“ Und so schnell wie Sandra da war war Sie auch wieder weg.
Annika hat sich sofort in die Wanne gelegt und Ihre Augen geschlossen. Den Tag wollte sie erst ein mal sacken lassen.

1 Kommentar:

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