Samstag, 6. April 2013

Kapitel drei

Und die Geschichte geht weiter, nur wohin ist die Frage. Ich wünsche viel Spass...
Schönes WE


Das Geständnis

Sie zieht sich die Decke wieder über das Gesicht. Annika will um jeden Preis wieder einschlafen. Heute ist wiederum Sandra bestens aufgelegt und will erst mit Annika Frühstücken. Als dieses verneint wird möchte Sandra wenigstens mit Ihr einen Kaffee trinken, sie will nicht noch einmal am Abend so viel Essen weg schmeißen. Annika sitzt am Tisch, die Augen geschlossen und den Kopf auf die Knie abgelegt will sie nur die Zeit bis Sandra weg ist überstehen. Sie verabreden sich für siebzehn Uhr, damit sie endlich mal zusammen Kochen können. Außerdem ist Sandra noch so Jung, das Sie mit Ihrer Nichte in einem angesagten Club gehen will. Trotz den Bedenken wegen des Alters wurde Annika überredet, mit etwas Schminke bekommt man das gerade bei Mädels hin war das Argument. Annika war es egal, sie hat zu allem ja und Amen gesagt. Hauptsache sie kommt endlich wieder auf die so geliebte karierte Couch um sich dort hin zu Träumen von wo Sie so unliebsam weg gezerrt wurde.
Auch zwei Stunden nachdem die Tür ins Schloss gefallen war war kein Main weit und breit zu sehen, Sie konnte nicht mehr schlafen. Sie zog sich den Laptop auf Ihren Schoß und begann im Internet nach Seiten zu suchen wo ähnliche Erlebnisse beschrieben sind und vor allem wie man damit umgehen würde. Ihr sind sofort Schlagwörter wie Kuckuck-Kind und Adoption entgegen gekommen, doch war Sie weder das eine noch das andere. Sie wäre erst dann ein sogenanntes Kuckucks-Kind wenn Hermann nichts wusste, war aber scheinbar nicht. Und adoptiert war sie auf keinen Fall, da ja Eva die Leibliche Mutter war. Annika stöberte durch Foren und Blogs, wissenschaftliche Berichte und Vorträge aber so richtig befriedigend war das alles nicht. Um elf Uhr dreiundzwanzig lässt Sie die Tür ins Schloss fallen. Ab zum Bahnhof. Mittlerweile kennt Sie sich in den Straßen immer besser aus und so gelangt Sie auch durch eine Unterführung schneller an der Innenstadt vorbei zum Bahnhof, wo Sie auch von weiten schon Jens sah. Er stand, genau wie gestern, wieder an der gleichen Stelle mit seinem Becher in der Hand mit dem vermutlich gleichen Spruch mit seiner Mutter. Ihr war es egal, denn Sie wusste das Jens sich so sein Leben finanziert. Sie stupst Ihn von hinten an: „ Buh, junger Mann. Wusste ich doch das ich Dich hier wieder finde!“ sagte Sie. „ Wer ist denn die kleine?“ fragten die Kumpels von Jens „ Das ist nicht die Kleine sondern Annika, Sie ist neu hier und hat Ihre eigenen Probleme.“ antwortete Jens Nüchtern. „ Stell mir doch mal Deine Freunde vor!“ sagte Annika und nahm vorsichtig seine Hand. „ Fangen wir links an. Das ist Bolle, er kommt aus Freiburg und vertreibt sich hier seine Zeit. Er ist Zuhause raus geflogen und seid einem Jahr hier bei uns. Daneben ist Easy. Ihre Eltern kamen nicht darauf klar das Sie mit vierzehn schwanger geworden ist. Außerdem mochten Sie nicht wenn Sie etwas Gras geraucht hat. Das Kind ist jetzt bei Ihren Eltern und wächst dort auf. Sie ist schon zweieinhalb Jahre hier bei uns.“ Er erzählte es mit einer Selbstverständlichkeit das es Annika den Atem nahm, Jens weiter: „Und dann haben wir noch Haken und seine Schwester Stulle. Die zwei wurden jeden Tag von Ihrem Vater verprügelt, als die dreizehn waren hielten Sie es nicht mehr aus und schlugen zurück. Eines Nachts haben Sie Ihren Vater überraschend an seinem Bett gefesselt und mit Schlagstöcken so lange auf Ihn ein geschlagen bis er bewusstlos war. Der Notarzt konnte Ihn zwar retten, er lebt jetzt in der Forensik und kann den Tag nicht von der Nacht unterscheiden. Die Mutter der beiden hat sich darauf hin das Leben genommen und so sah es aus als wäre alles ein Überfall gewesen. Damit die beiden nicht im Heim leben müssen sind sie abgehauen.“ Und jetzt wusste Annika nichts mehr. Ihr Kopf war auf einmal gähnend leer. Sie wusste ja das es genug Elend auf der Welt gibt, aber hier am Bahnhof gleich so viel. Wie es wohl den beiden gehen muss fragt Sie sich zwischenzeitlich und wurde erst wieder aus den Gedanken gerissen als Jens fort fuhr: „Ja und ich. Ich bin Jens und achtzehn Jahre. Meine Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Danach bin ich von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gewandert. Nie durfte ich länger als ein Jahr bleiben und schon war ich wieder weg. Ich kenne gar nicht das Gefühl von Geborgenheit und Familie. In meine erste Familie kam ich mit drei. Ich kenne es auch nur aus Erzählungen denn Erinnerungen habe ich nicht mehr an Sie. Nur die letzten acht Familien bekomme ich auf die Reihe. Sie hatten eigentlich alle Ihre eigenen Sorgen und keine Zeit für jemanden der nicht ein mal selber weiß wo er her kommt. Der immer unzufrieden ist, weil Ihm nicht die Liebe und Wärme entgegen gebracht wird die er benötigt. Mit dreizehn bin ich dann raus. Mein letzter Pflegevater war dermaßen überfordert mit mir das ich zuletzt nicht ein mal mehr zu meinen Freunden gehen durfte. Freunde hatte ich eh nie sonderlich viele. Ich habe oftmals an meinem Fenster gesessen und mich gefragt wann endlich jemand kommt um mich von hier zu befreien. Wann endlich sieht jemand meine Tränen und meine Wut. Meine rote Hand vom schlagen gegen die Wand. Meine Wunden am Kopf, den ich immer wieder auf den Boden geschlagen hatte. Es war niemand da für mich...“ Beim erzählen schossen Jens die Tränen so in die Augen. Auch Annika hat sich abgewendet um sich die Tränen vom Gesicht zu wischen, so das es niemand sehen konnte. Jens hatte sich vor langer Zeit gesagt das er nie wieder Weinen möchte, für nichts und wieder nichts auf der Welt. Dann kam dieses eine Mädchen und schaffte es in nur ein Paar Stunden. Sie hat geschafft das er sich endlich mal wieder öffnen konnte. Trotz der vielen Tränen fing er an zu lachen. Man konnte die Steine förmig hören die Ihn von dem Herzen gefallen sind.
Annika legte den Arm um Ihn und sie gingen langsam mit einem leichten „ Bis später!“ von der Gruppe weg. Bolle, Easy, Haken und Stulle haben es verstanden und ließen die beiden gehen. Jens nahm Annika an die Hand und lief. Er lief einfach an der Stadt vorbei und an den riesigen Parkhäusern. Vorbei an der kleinen Siedlung die sie schon auf der Hinfahrt mit Sandra gesehen hatte. Über den Kanal bis hin zur alten Ruine sie etwas außerhalb der Stadt stand. „ Ich will Dir was zeigen!“ sagte Jens schon fast aufgeregt. Er stoß die alte Tür auf die nur ein defektes Vorhängeschloss hatte und trat ein. Er zog Annika hinter sich her und schloss die Tür gleich wieder. Sie hatte fürchterliche Geräusche beim öffnen und schließen gemacht, gut das die Zwei weit weg vom nächsten Haus waren. Auf einen kleinen Schild stand so etwas wie betreten verboten und Polizeilich untersagt, doch aus den Augen aus dem Sinn. Sie standen in einem riesigen Saal mit alten langen Bänken. Davon waren höchstens noch drei in Ordnung. Es roch sehr muffig und wenn man ganz still war konnte man ein eigenartiges Geräusch hören. Sie gingen durch den großen Saal hin zu einer Gewendelten Treppe. An den Fenstern, wenn noch welche da waren, hingen Spinnweben und aus den Ecken kam der Gestank von Urin. Annika hatte Angst doch das wollte sie unter keinen Umständen Jens verraten. Und mit Ihm an Ihrer Seite ging es ja auch. Sie stapften zusammen die nicht enden wollende Treppe, sicherlich vier oder fünf ganze Runden bis Sie zu einem kleinem Zimmer kamen. Es war sehr Windig und dreckig dort und eine alte zerlumpte Matratze lag hinten links in der Ecke. „ Ich will Dir unbedingt etwas zeigen Annika.“ Sagte Jens und stieg weiter die nächsten Stufen hinaus. Nach weiteren vier ganzen Runden kamen Sie dann auf einem Podest an mit einem Großen Fenster. „ Hier noch eben bis zum Ende und dann rechts. Wir sind gleich da.“ Annika ging die gut acht Meter bis zum Ende und dann rechts, es raubte Ihr den Atem. Plötzlich geht Ihr Telefon. Sie hatte sich extra den Wecker gestellt um wenigstens diesen Tag mal pünktlich Heim zu kommen. „ Ich muss los, meine Tante war gestern schon sauer. Wenn ich Heute wieder zu spät komme bringt Sie mich sicherlich wieder Heim. Sehen wir uns Morgen wieder?“ fragte Sie in großer Eile und war bereits wieder bei der Treppe angelangt. „ Du weißt ja wo Du mich findest und morgen gehen wir noch einmal hier hin, mit etwas mehr Zeit wenn es geht.“ erwiderte Jens sichtlich unzufrieden. Die Beiden mussten sich beeilen denn in einer Stunde musste Annika bei Ihrer Tante sein.
Siebzehn Uhr drei öffnet sich das Schloss zur Wohnung von Sandra. Sie hat schon damit begonnen die Arbeitsplätze für die Beiden ein zu richten damit Sie endlich anfangen können zu Kochen. „ Schön das Du pünktlich bist Mäuschen. Ich habe Kartoffeln, Minutensteaks und Zutaten für einen frischen Salat eingekauft. Ich hoffe Du hast auch genug Appetit mit gebracht.“ sagte Sandra mit einem strahlenden Lächeln. Sie war Heute im ganzen besonders gut drauf fand Annika und antwortete nur: „ Hunger habe ich, ja. Ich bin ja auch schon den ganzen Tag unterwegs und habe noch überhaupt nichts gegessen. Was ist eigentlich los mit Dir? Du bist Heute so am strahlen.Ist was passiert?“ Zwischenzeitlich haben Sie schon die Kartoffeln geschält und sie zusammen mit dem Fleisch auf den Ofen gestellt. Sandra beim Salat zubereiten: „ Ich habe Heute eine tolle Bekanntschaft gemacht. In unserer Firma gibt es ja auch Fahrer die uns beliefern. Und wir haben aus wirtschaftlichen Gründen das Zulieferer Unternehmen gewechselt. Der Fahrer der uns beliefert hat die ganze Zeit schon so komische Andeutungen gemacht und heute wollte er meine Nummer haben. Wir wollen morgen Abend zusammen Weg gehen.“ Sie strahlt über beide Ohren. Beim Essen erzählt Sandra über die neue Bekanntschaft und kommt aus dem schwärmen nicht mehr heraus. Und es vergehen mehrere Stunden wie im Flug, so dass Sie gar nicht merken das es langsam wieder Zeit für das Bett wird. Die geleerte Flasche Wein stellte Sandra in die Ecke zu dem Leergut. Sie gleitet unter Ihre Bettdecke und schläft in dem gleichen Augenblick ein, Annika saß im Wohnzimmer und starrt die Decke an. Sie muss erst einmal das Heute erlebte verdauen. Sie zählt die Unebenheiten auf der Decke, dort wo unsauber gearbeitet wurde.
Dann kramt Sie in Ihrer Handtasche und ruft Laura an. Sie will einfach noch mit jemanden darüber sprechen. Annika und Laura kennen sich nicht nur Ihr Leben lang auch die Eltern kannten sich schon sehr lange. Sie erzählt Ihr von den neuen Bekanntschaften vom Bahnhof und warum die Leute da sind, das Sie es nicht fassen könne und DIE Tag für Tag Ihr Leben meistern würde, auch Sie kommt etwas ins schwärmen vor allem als Sie anfing von Jens zu sprechen. Aber auch Laura hatte Neuigkeiten, denn durch den ganzen Ärger ist jetzt wohl irgend so ein Frank aufgetaucht der im Moment bei Fred und Paula untergekommen war. Annika hat die Bemerkungen überhört, Ihr Kopf ist nicht mehr Aufnahmefähig und so verabschieden sich die beiden voneinander mit dem versprechen sich an dem darauf folgenden Tag wieder zu sprechen.

Links Rechts

Freitag Morgen, elf Uhr dreiundvierzig. Annika hat den Wecker Ihrer Tante überhört und fühlt sich leicht gerädert. Sie hätte wohl kein halbes Glas von dem Wein trinken sollen den Ihr Sandra angeboten hatte am Abend zuvor. Sie schiebt Ihre Bettdecke zur Seite, räumt etwas auf und geht duschen. Um dreizehn Uhr elf ist Annika auf dem Weg zu Jens, den Sie diese Nacht mehr vermisst hatte als die Nacht zuvor. Auch Hunger hat Sie keinen was für Annika ungewohnt ist, den gerade morgens isst Sie ganz gut. Es ist ein leichter Nieselregen der sich auf die frisch geduschte Haut legte, doch auch das konnte Ihr nicht Ihre Laune vermiesen.Sie ist einfach nur gut drauf und glücklich. Als Annika am Bahnhof angekommen war musste Sie lange Suchen bis Sie hinten Links in der Ecke Stulle entdeckt hat. Leicht aufgewühlt geht Sie in kleinen aber schnellen Schritten in Ihrer Richtung.

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