Und die Geschichte geht weiter, nur wohin ist die Frage. Ich wünsche viel Spass...
Schönes WE
Das
Geständnis
Sie zieht sich die Decke wieder über das Gesicht.
Annika will um jeden Preis wieder einschlafen. Heute ist wiederum
Sandra bestens aufgelegt und will erst mit Annika Frühstücken. Als
dieses verneint wird möchte Sandra wenigstens mit Ihr einen Kaffee
trinken, sie will nicht noch einmal am Abend so viel Essen weg
schmeißen. Annika sitzt am Tisch, die Augen geschlossen und den Kopf
auf die Knie abgelegt will sie nur die Zeit bis Sandra weg ist
überstehen. Sie verabreden sich für siebzehn Uhr, damit sie endlich
mal zusammen Kochen können. Außerdem ist Sandra noch so Jung, das
Sie mit Ihrer Nichte in einem angesagten Club gehen will. Trotz den
Bedenken wegen des Alters wurde Annika überredet, mit etwas Schminke
bekommt man das gerade bei Mädels hin war das Argument. Annika war
es egal, sie hat zu allem ja und Amen gesagt. Hauptsache sie kommt
endlich wieder auf die so geliebte karierte Couch um sich dort hin zu
Träumen von wo Sie so unliebsam weg gezerrt wurde.
Auch zwei Stunden nachdem die Tür ins Schloss gefallen
war war kein Main weit und breit zu sehen, Sie konnte nicht mehr
schlafen. Sie zog sich den Laptop auf Ihren Schoß und begann im
Internet nach Seiten zu suchen wo ähnliche Erlebnisse beschrieben
sind und vor allem wie man damit umgehen würde. Ihr sind sofort
Schlagwörter wie Kuckuck-Kind und Adoption entgegen gekommen, doch
war Sie weder das eine noch das andere. Sie wäre erst dann ein
sogenanntes Kuckucks-Kind wenn Hermann nichts wusste, war aber
scheinbar nicht. Und adoptiert war sie auf keinen Fall, da ja Eva die
Leibliche Mutter war. Annika stöberte durch Foren und Blogs,
wissenschaftliche Berichte und Vorträge aber so richtig befriedigend
war das alles nicht. Um elf Uhr dreiundzwanzig lässt Sie die Tür
ins Schloss fallen. Ab zum Bahnhof. Mittlerweile kennt Sie sich in
den Straßen immer besser aus und so gelangt Sie auch durch eine
Unterführung schneller an der Innenstadt vorbei zum Bahnhof, wo Sie
auch von weiten schon Jens sah. Er stand, genau wie gestern, wieder
an der gleichen Stelle mit seinem Becher in der Hand mit dem
vermutlich gleichen Spruch mit seiner Mutter. Ihr war es egal, denn
Sie wusste das Jens sich so sein Leben finanziert. Sie stupst Ihn von
hinten an: „ Buh, junger Mann. Wusste ich doch das ich Dich hier
wieder finde!“ sagte Sie. „ Wer ist denn die kleine?“ fragten
die Kumpels von Jens „ Das ist nicht die Kleine sondern Annika, Sie
ist neu hier und hat Ihre eigenen Probleme.“ antwortete Jens
Nüchtern. „ Stell mir doch mal Deine Freunde vor!“ sagte Annika
und nahm vorsichtig seine Hand. „ Fangen wir links an. Das ist
Bolle, er kommt aus Freiburg und vertreibt sich hier seine Zeit. Er
ist Zuhause raus geflogen und seid einem Jahr hier bei uns. Daneben
ist Easy. Ihre Eltern kamen nicht darauf klar das Sie mit vierzehn
schwanger geworden ist. Außerdem mochten Sie nicht wenn Sie etwas
Gras geraucht hat. Das Kind ist jetzt bei Ihren Eltern und wächst
dort auf. Sie ist schon zweieinhalb Jahre hier bei uns.“ Er
erzählte es mit einer Selbstverständlichkeit das es Annika den Atem
nahm, Jens weiter: „Und dann haben wir noch Haken und seine
Schwester Stulle. Die zwei wurden jeden Tag von Ihrem Vater
verprügelt, als die dreizehn waren hielten Sie es nicht mehr aus und
schlugen zurück. Eines Nachts haben Sie Ihren Vater überraschend an
seinem Bett gefesselt und mit Schlagstöcken so lange auf Ihn ein
geschlagen bis er bewusstlos war. Der Notarzt konnte Ihn zwar retten,
er lebt jetzt in der Forensik und kann den Tag nicht von der Nacht
unterscheiden. Die Mutter der beiden hat sich darauf hin das Leben
genommen und so sah es aus als wäre alles ein Überfall gewesen.
Damit die beiden nicht im Heim leben müssen sind sie abgehauen.“
Und jetzt wusste Annika nichts mehr. Ihr Kopf war auf einmal gähnend
leer. Sie wusste ja das es genug Elend auf der Welt gibt, aber hier
am Bahnhof gleich so viel. Wie es wohl den beiden gehen muss fragt
Sie sich zwischenzeitlich und wurde erst wieder aus den Gedanken
gerissen als Jens fort fuhr: „Ja und ich. Ich bin Jens und achtzehn
Jahre. Meine Eltern sind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.
Danach bin ich von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gewandert. Nie
durfte ich länger als ein Jahr bleiben und schon war ich wieder weg.
Ich kenne gar nicht das Gefühl von Geborgenheit und Familie. In
meine erste Familie kam ich mit drei. Ich kenne es auch nur aus
Erzählungen denn Erinnerungen habe ich nicht mehr an Sie. Nur die
letzten acht Familien bekomme ich auf die Reihe. Sie hatten
eigentlich alle Ihre eigenen Sorgen und keine Zeit für jemanden der
nicht ein mal selber weiß wo er her kommt. Der immer unzufrieden
ist, weil Ihm nicht die Liebe und Wärme entgegen gebracht wird die
er benötigt. Mit dreizehn bin ich dann raus. Mein letzter
Pflegevater war dermaßen überfordert mit mir das ich zuletzt nicht
ein mal mehr zu meinen Freunden gehen durfte. Freunde hatte ich eh
nie sonderlich viele. Ich habe oftmals an meinem Fenster gesessen und
mich gefragt wann endlich jemand kommt um mich von hier zu befreien.
Wann endlich sieht jemand meine Tränen und meine Wut. Meine rote
Hand vom schlagen gegen die Wand. Meine Wunden am Kopf, den ich immer
wieder auf den Boden geschlagen hatte. Es war niemand da für
mich...“ Beim erzählen schossen Jens die Tränen so in die Augen.
Auch Annika hat sich abgewendet um sich die Tränen vom Gesicht zu
wischen, so das es niemand sehen konnte. Jens hatte sich vor langer
Zeit gesagt das er nie wieder Weinen möchte, für nichts und wieder
nichts auf der Welt. Dann kam dieses eine Mädchen und schaffte es in
nur ein Paar Stunden. Sie hat geschafft das er sich endlich mal
wieder öffnen konnte. Trotz der vielen Tränen fing er an zu lachen.
Man konnte die Steine förmig hören die Ihn von dem Herzen gefallen
sind.
Annika legte den Arm um Ihn und sie gingen langsam mit
einem leichten „ Bis später!“ von der Gruppe weg. Bolle, Easy,
Haken und Stulle haben es verstanden und ließen die beiden gehen.
Jens nahm Annika an die Hand und lief. Er lief einfach an der Stadt
vorbei und an den riesigen Parkhäusern. Vorbei an der kleinen
Siedlung die sie schon auf der Hinfahrt mit Sandra gesehen hatte.
Über den Kanal bis hin zur alten Ruine sie etwas außerhalb der
Stadt stand. „ Ich will Dir was zeigen!“ sagte Jens schon fast
aufgeregt. Er stoß die alte Tür auf die nur ein defektes
Vorhängeschloss hatte und trat ein. Er zog Annika hinter sich her
und schloss die Tür gleich wieder. Sie hatte fürchterliche
Geräusche beim öffnen und schließen gemacht, gut das die Zwei weit
weg vom nächsten Haus waren. Auf einen kleinen Schild stand so etwas
wie betreten verboten und Polizeilich untersagt, doch aus den Augen
aus dem Sinn. Sie standen in einem riesigen Saal mit alten langen
Bänken. Davon waren höchstens noch drei in Ordnung. Es roch sehr
muffig und wenn man ganz still war konnte man ein eigenartiges
Geräusch hören. Sie gingen durch den großen Saal hin zu einer
Gewendelten Treppe. An den Fenstern, wenn noch welche da waren,
hingen Spinnweben und aus den Ecken kam der Gestank von Urin. Annika
hatte Angst doch das wollte sie unter keinen Umständen Jens
verraten. Und mit Ihm an Ihrer Seite ging es ja auch. Sie stapften
zusammen die nicht enden wollende Treppe, sicherlich vier oder fünf
ganze Runden bis Sie zu einem kleinem Zimmer kamen. Es war sehr
Windig und dreckig dort und eine alte zerlumpte Matratze lag hinten
links in der Ecke. „ Ich will Dir unbedingt etwas zeigen Annika.“
Sagte Jens und stieg weiter die nächsten Stufen hinaus. Nach
weiteren vier ganzen Runden kamen Sie dann auf einem Podest an mit
einem Großen Fenster. „ Hier noch eben bis zum Ende und dann
rechts. Wir sind gleich da.“ Annika ging die gut acht Meter bis zum
Ende und dann rechts, es raubte Ihr den Atem. Plötzlich geht Ihr
Telefon. Sie hatte sich extra den Wecker gestellt um wenigstens
diesen Tag mal pünktlich Heim zu kommen. „ Ich muss los, meine
Tante war gestern schon sauer. Wenn ich Heute wieder zu spät komme
bringt Sie mich sicherlich wieder Heim. Sehen wir uns Morgen wieder?“
fragte Sie in großer Eile und war bereits wieder bei der Treppe
angelangt. „ Du weißt ja wo Du mich findest und morgen gehen wir
noch einmal hier hin, mit etwas mehr Zeit wenn es geht.“ erwiderte
Jens sichtlich unzufrieden. Die Beiden mussten sich beeilen denn in
einer Stunde musste Annika bei Ihrer Tante sein.
Siebzehn Uhr drei öffnet sich das Schloss zur Wohnung
von Sandra. Sie hat schon damit begonnen die Arbeitsplätze für die
Beiden ein zu richten damit Sie endlich anfangen können zu Kochen. „
Schön das Du pünktlich bist Mäuschen. Ich habe Kartoffeln,
Minutensteaks und Zutaten für einen frischen Salat eingekauft. Ich
hoffe Du hast auch genug Appetit mit gebracht.“ sagte Sandra mit
einem strahlenden Lächeln. Sie war Heute im ganzen besonders gut
drauf fand Annika und antwortete nur: „ Hunger habe ich, ja. Ich
bin ja auch schon den ganzen Tag unterwegs und habe noch überhaupt
nichts gegessen. Was ist eigentlich los mit Dir? Du bist Heute so am
strahlen.Ist was passiert?“ Zwischenzeitlich haben Sie schon die
Kartoffeln geschält und sie zusammen mit dem Fleisch auf den Ofen
gestellt. Sandra beim Salat zubereiten: „ Ich habe Heute eine tolle
Bekanntschaft gemacht. In unserer Firma gibt es ja auch Fahrer die
uns beliefern. Und wir haben aus wirtschaftlichen Gründen das
Zulieferer Unternehmen gewechselt. Der Fahrer der uns beliefert hat
die ganze Zeit schon so komische Andeutungen gemacht und heute wollte
er meine Nummer haben. Wir wollen morgen Abend zusammen Weg gehen.“
Sie strahlt über beide Ohren. Beim Essen erzählt Sandra über die
neue Bekanntschaft und kommt aus dem schwärmen nicht mehr heraus.
Und es vergehen mehrere Stunden wie im Flug, so dass Sie gar nicht
merken das es langsam wieder Zeit für das Bett wird. Die geleerte
Flasche Wein stellte Sandra in die Ecke zu dem Leergut. Sie gleitet
unter Ihre Bettdecke und schläft in dem gleichen Augenblick ein,
Annika saß im Wohnzimmer und starrt die Decke an. Sie muss erst
einmal das Heute erlebte verdauen. Sie zählt die Unebenheiten auf
der Decke, dort wo unsauber gearbeitet wurde.
Dann kramt Sie in Ihrer Handtasche und ruft Laura an.
Sie will einfach noch mit jemanden darüber sprechen. Annika und
Laura kennen sich nicht nur Ihr Leben lang auch die Eltern kannten
sich schon sehr lange. Sie erzählt Ihr von den neuen Bekanntschaften
vom Bahnhof und warum die Leute da sind, das Sie es nicht fassen
könne und DIE Tag für Tag Ihr Leben meistern würde, auch Sie kommt
etwas ins schwärmen vor allem als Sie anfing von Jens zu sprechen.
Aber auch Laura hatte Neuigkeiten, denn durch den ganzen Ärger ist
jetzt wohl irgend so ein Frank aufgetaucht der im Moment bei Fred und
Paula untergekommen war. Annika hat die Bemerkungen überhört, Ihr
Kopf ist nicht mehr Aufnahmefähig und so verabschieden sich die
beiden voneinander mit dem versprechen sich an dem darauf folgenden
Tag wieder zu sprechen.
Links
Rechts
Freitag Morgen, elf Uhr dreiundvierzig. Annika hat den
Wecker Ihrer Tante überhört und fühlt sich leicht gerädert. Sie
hätte wohl kein halbes Glas von dem Wein trinken sollen den Ihr
Sandra angeboten hatte am Abend zuvor. Sie schiebt Ihre Bettdecke zur
Seite, räumt etwas auf und geht duschen. Um dreizehn Uhr elf ist
Annika auf dem Weg zu Jens, den Sie diese Nacht mehr vermisst hatte
als die Nacht zuvor. Auch Hunger hat Sie keinen was für Annika
ungewohnt ist, den gerade morgens isst Sie ganz gut. Es ist ein
leichter Nieselregen der sich auf die frisch geduschte Haut legte,
doch auch das konnte Ihr nicht Ihre Laune vermiesen.Sie ist einfach
nur gut drauf und glücklich. Als Annika am Bahnhof angekommen war
musste Sie lange Suchen bis Sie hinten Links in der Ecke Stulle
entdeckt hat. Leicht aufgewühlt geht Sie in kleinen aber schnellen
Schritten in Ihrer Richtung.
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