viel spass beim lesen
Vertiefung
Donnerstag Morgen, vier Uhr zwei. Annika wird wieder von
dem brummen des Weckers Ihrer Tante geweckt. Heute ist es Ihr egal.
Sie hat wirklich sehr gut geschlafen. Sofort geht Sie in die Küche
und bereitet das Frühstück. Aufgedreht wird auch kurz abgeklärt ob
Sandra nun auch was möchte doch dem Gesichtsausdruck zur Folge isst
Sie allein. Macht ja nichts, denkt Sie sich und nimmt die Schnitten
mit ins Wohnzimmer um sich währenddessen etwas den Videotext an zu
schauen. Aus dem Flur erklingt nur ein kurzes Ciao und schon schnappt
das Schloss an der Tür. Zuhause essen immer alle zusammen, aber wenn
Sie so drüber nachdenkt niemals zum Frühstück. Egal. Nach einem
ausgiebigen Frühstück und einer schönen heißen Dusche lässt auch
Sie die Tür ins Schloss fallen. Annika geht die Treppe hinunter und
sofort nach rechts, nicht Richtung Innenstadt sondern Richtung
Bahnhof. Ein Paar €uro hat sie auch in der Tasche, sie will einfach
nur mit Jens einen Kaffee trinken gehen. Es regnet nicht und die
Sonne hat wenigstens für einen kurzen Moment den Kampf gegen die
Wolken gewonnen und spendet etwas Wärme. Nach einem sehr schlechten
Sommer sollte wenigstens der Herbst noch mal den Hormonhaushalt
auftanken. Sie ist bereits an der Innenstadt vorbei und steht auf dem
großen Platz vor dem Bahnhof. Es tummeln sich sehr viele Menschen
hier. Auf Ihrer linken Seite ist eine Gruppe mit Touristen die sehr
in Eile scheinen, wild fuchtelnd mit Stadtplänen machen sie sich auf
den Weg. Kurz daneben sitzt ein Mann, ein Bettler. Er sitzt auf einer
Decke, im rechten Arm hält er seinen zerzausten Hund und davor ein
Schild mit der Aufschrift : Bitte um eine Kleine Spende. Ich habe
kein Geld und mein Haus ist abgebrannt. Danke. Eigentlich hat Annika
immer Mitleid mit solchen Menschen, aber ihr ist auch nicht die leere
Whisky Flasche entgangen die auf seiner rechten Seite liegt. Sir
lässt den Blick weiter über den Platz schweifen. Direkt vor Ihr ist
der Eingang zum Bahnhof welcher voll mit schlechtem Graffiti ist.
Dort gehen zig Leute aus und ein, wenn man etwas verträumt schaut
kommt es einen so vor als wäre es eine kleine Ameisenstraße. Recht
neben dem Eingang war ein Ortsansässiger Becker und daneben eine
Kleine Kneipe. Ganz rechts von Ihr sieht Sie eine Gruppe junger Leute
mit kaputten Klamotten, bunten Haaren und ein Paar Hunden. Sie kann
deutlich sehen das auch Jens dabei steht, er einen Becher in der Hand
hält und die vorbei laufenden Leute anspricht. Sie ist völlig hin
und her gerissen ob Sie sich trauen sollte Ihn nochmal an zu
sprechen. Sie fasst sich ein Herz und geht rüber. „ Hast Du eine
kleine Spende für mich? Ich muss dringend zu meiner Tod kranken
Mutter nach Köln. Nur etwas Kleingeld für mich?“ fragte Jens. Er
hat Annika nicht gleich erkannt und erwischt sie in einem ganz
emotionalen Moment, Sie antwortet wie aus der Pistole: „ Deine
Mutter ist Krank? Ich habe leider nur sechs €uro siebzig bei, die
kannst Du aber gern haben.“ Erst freut sich Jens über so viel
Mitgefühl, doch dann erkennt er Sie. „ Du bist doch das Mädchen
von gestern. Ich habe dir doch auf geholfen und Du wolltest Dich mit
einem Kaffee bei mir bedanken. Jetzt erkenne ich Dich. Was machst Du
denn hier?“ sagte Jens und zieht Annika etwas von seinen Freunden
weg. „ Ich habe Dich gesucht, ich wollte mit Dir einen Kaffee
trinken gehen,um mich für gestern noch einmal zu entschuldigen.
Außerdem musste ich viel an Dich denken. Hast Du denn Zeit und
Lust?“ fragt Annika, und Jens willigt ein.
In einem Kaffee in der Innenstadt haben sie sich dann
hin gesetzt. Auf dem weg dort hin haben sie kaum gesprochen, dafür
aber mit dem Satz der Bestellung um so mehr. Annika war so neugierig.
Sie wollte Wissen warum er erzählt das seine Mutter Krank ist, warum
er sich so anzieht und warum er auf der Straße lebt. Sie hat Ihm
regelrecht Löcher in den Bauch gefragt und er hat auch stets
freundlich mit einer Engelsgeduld geantwortet. Nur bei der Frage nach
seinen Eltern wich er aus und reagierte abweisend und zornig. Es fing
schon langsam an zu dämmern als sich Ihre Wege wieder trennten. Sie
haben sich für den nächsten Tag verabredet und so gingen beide
Heim. Sandra war schon längst Zuhause und ziemlich sauer, das Sie
wieder so viel Essen weg schmeißen muss, obwohl die Beiden sich am
Tag zuvor darauf geeinigt hatten sich um sechs Uhr zum Essen zu
treffen. „Hättest ja anrufen können!“ sagt Annika zickig und
verschwindet ins Badezimmer. Ihr war so kalt das Sie sich in Ruhe ein
Bad gönnte. Beim ausziehen fiel Ihr Handy aus der Tasche, sechs
Anrufe in Abwesenheit, fünf von Tante Sandra und ein Unbekannter.
Sehr komisch, bisher hatten doch nur Ihre Familie, Sandra und Jens
ihre Nummer.
Eine dreiviertel Stunde später war sie mit dem Baden
fertig. Ihr Gemüt hat sich wieder beruhigt und so ging Sie auf
leisen Sohlen ins Wohnzimmer und entschuldigte sich für Ihr
Verhalten und auch dafür das Sie Ihr Handy auf lautlos gestellt
hatte. Genau wie am Tag zuvor zog es die Beiden wieder auch die
karierten Couch. Und so kamen sie auch nach nur drei vier Sätzen auf
das Thema Frank und Hermann zurück. Sie erinnert sich daran das auch
Eva und Hermann nach dem Urlaub für ein Paar Monate getrennt waren,
sich aber wieder kurz bevor Annika zur Welt kam versöhnt hatten. Und
Felix hatte sich auch danach nie wieder bei den beiden gemeldet.
Felix war der Onkel von Annika, der Bruder von Hermann. Er hatte sich
mit den Worten „ Deine Frau ist ´ne Schlampe!“ aus deren Leben
verabschiedet. Zwischenzeitlich kam auch immer wieder belangloses,
denn Sandra hatte Ihre zwei Gläser wieder leer und ist postwendend
ins Bett. Annika hat sich damit abgefunden und tröstet sich mit dem
Laptop der Tante, erst einmal E-Mails abfragen. Im Posteingang waren
dreizehn Stück, ungewöhnlich viel für zwei Tage. Ihre beste
Freundin Laura aus Ihrer Klasse hatte unter anderem gefragt warum sie
nicht in der Schule sei. Dann waren da noch acht Facebuch Nachrichten
und eine von Cindy, eine Freundin aus dem Rollhockey Verein. Als
Absender der letzten Nachricht stand da “Eva Fischer“. Zuerst
wollte Annika die Nachricht ungelesen löschen doch Ihre Neugier
hatte gesiegt, Sie begann zu lesen …
Liebste Annika,
Ich weiß, das ich Dir schon vor Jahren die Wahrheit
hätte sagen müssen. Es tut mir alles so unendlich leid. Ich wollte
es doch nicht wahr haben und vor allem wollten wir unsere kleine
Familie nicht zerstören. Es ist doch auch für uns nicht so einfach.
Wir müssen auch lernen mit dieser Situation um zu gehen. Es ist doch
auch alles so verdammt lange her. Wir waren damals im Urlaub mit Fred
und Paula. Dann waren da noch Sandra und Frank neben Peter und
Brigitte. Ich würde Dir so gerne alles erzählen wenn Du wieder Heim
Kommst …
Sie strich die Tränen mit dem linken Zeigefinger fort
und las weiter, … aber wir können auch verstehen wenn Du noch
etwas Zeit brauchst um zu Dir zu finden. Bei Sandra ist Du auch
bestimmt gut aufgehoben und sollte was sein kannst Du jeder Zeit nach
Hause kommen. Es fragen auch täglich deine Freundinnen wo Du steckst
und was Du so machst. Hermann will Dich auch wieder in seine Arme
schließen. Maria geht es wie jedem hier auch total beschissen
seitdem Du nicht mehr hier bist. Ruf doch bitte mal Zuhause an meine
Kleine. Du fehlst mir, in Liebe Deine Mama
Nun war Annika wieder aufgewühlt. Eigentlich will sie
nur wissen was damals vorgefallen ist um verstehen zu können. Die
meisten Gedanken kreisen sowieso im Moment um Jens. Sie flieht in
Ihre Gedanken und sämtliche Freunde verschwimmen so langsam und auch
die Bilder von Zuhause sind jetzt gerade blass. Sie geht Hand in Hand
mit Jens am Main spazieren, der Hund apportiert das Stöckchen. Es
ist sehr warm. Jens hat kurze schwarze Haare und trägt einen Anzug
und sie selber trägt ein Kleidchen. An Ihrer Hand hat Sie eine
kleine Tochter mit dem Namen – zack, Freitag Morgen vier Uhr zwei.
Das
Geständnis
Sie zieht sich die Decke wieder über das Gesicht.
Annika will um jeden Preis wieder einschlafen. Heute ist wiederum
Sandra bestens aufgelegt und will erst mit Annika Frühstücken. Als
dieses verneint wird möchte Sandra wenigstens mit Ihr einen Kaffee
trinken, sie will nicht noch einmal am Abend so viel Essen weg
schmeißen. Annika sitzt am Tisch, die Augen geschlossen und den Kopf
auf die Knie abgelegt will sie nur die Zeit bis Sandra weg ist
überstehen. Sie verabreden sich für siebzehn Uhr, damit sie endlich
mal zusammen Kochen können. Außerdem ist Sandra noch so Jung, das
Sie mit Ihrer Nichte in einem angesagten Club gehen will. Trotz den
Bedenken wegen des Alters wurde Annika überredet, mit etwas Schminke
bekommt man das gerade bei Mädels hin war das Argument. Annika war
es egal, sie hat zu allem ja und Amen gesagt. Hauptsache sie kommt
endlich wieder auf die so geliebte karierte Couch um sich dort hin zu
Träumen von wo Sie so unliebsam weg gezerrt wurde.
Auch zwei Stunden nachdem die Tür ins Schloss gefallen
war war kein Main weit und breit zu sehen, Sie konnte nicht mehr
schlafen. Sie zog sich den Laptop auf Ihren Schoß und begann im
Internet nach Seiten zu suchen wo ähnliche Erlebnisse beschrieben
sind und vor allem wie man damit umgehen würde.
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